Kurzarbeit – und dann? Transferagentur oder Transfergesellschaft?

Eine Orientierungshilfe für Personalverantwortliche in der Corona-Krise

Im ersten Teil unserer Blogreihe »Kurzarbeit – und dann?« haben wir erläutert, dass Unternehmen im Falle eines Personalabbaus auch auf finanzielle Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit zurückgreifen können: in Form der Transferagentur und der Transfergesellschaft. Heute erörtern wir die für Verantwortliche wichtige Frage: Welche Transfermaßnahme passt auf die Situation meines Unternehmens?

Der Kriterienkatalog Personalabbau ist immer eine Zerreißprobe: Es herrscht Unsicherheit in der Belegschaft, Betriebsräte und Gewerkschaften stehen »auf den Barrikaden« – und nebenher muss das Tagesgeschäft auch noch weiterlaufen. Das alles zu jonglieren und gleichzeitig die unternehmerischen Interessen zu bewahren, kann eine echte Herausforderung für Entscheidungsträger sein. Um das Thema wertschätzend und im Sinne aller Beteiligten gemeinsam zu lösen, sollten Verantwortliche genau prüfen, welches Transferinstrument die passende Wahl ist. Hierfür haben wir einen kleinen Kriterienkatalog entwickelt, an dem sich Unternehmen orientieren können – und der folgende Punkte beinhaltet:

1. Länge der Kündigungsfrist
2. Anzahl der betroffenen Mitarbeiter
3. Berufsbild der Betroffenen
4. Arbeitsmarktsituation
5. Mitarbeiter-Anreize
6. Finanzielle Mittel

Vom Gesamtbild zur Entscheidungsgrundlage

All diese Kriterien sollten immer im Zusammenhang betrachtet und ausgewertet werden. Gern unterstützen wir Sie dabei und geben nach Analyse der Gegebenheiten eine Empfehlung ab, welches Transferinstrument passend ist!

Ein erstes wichtiges Kriterium zur Bewertung der Situation ist die Länge der Kündigungsfrist: Kurze Fristen sprechen in der Regel für die Einrichtung einer Transfergesellschaft, da die Mitarbeiter länger Zeit für die Arbeitsplatzsuche bekommen. Bei längeren Fristen hingegen macht eine Transferagentur häufig mehr Sinn.

Neben der Kündigungsfrist kommt es aber auch immer darauf an, wie viele Mitarbeiter vom Personalabbau betroffen sind, um welches Berufsbild es sich handelt – und wie die Arbeitsmarktsituation aussieht.

Transferagentur, Transfergesellschaft oder eine Kombination?

Mitarbeiterzahl, Berufsbild und Arbeitsmarktsituation

Muss ein Unternehmen beispielsweise 500 Stahlbauer in einer strukturschwachen Region abbauen, dann spricht das für die Wahl einer Transfergesellschaft: Da der Arbeitsmarkt in der Region nicht so viele Stahlbauer aufnehmen kann, haben die Betroffenen so die Möglichkeit, sich in der Transfergesellschaft für andere Aufgaben zu qualifizieren. Wenn ein Altenpflegeheim hingegen Personal abbaut, stehen die Chancen relativ hoch, dass die Pflegekräfte in kurzer Zeit einen neuen Arbeitsplatz finden. Eine Transfergesellschaft ist für stark nachgefragte Berufsbilder oftmals unnötig, weil sie viel zu zeit- und kostenaufwändig ist. Wesentlich effizienter ist da die Transferagentur.

Mitarbeiter-Anreize

Vom Jobverluste bedrohte Mitarbeiter haben ein Interesse daran, möglichst schnell wieder eine neue Stelle zu finden. Allerdings können Unternehmen bei unpassender Gestaltung der Transfermaßnahme auch negative Anreize schaffen. Ein Beispiel: Service-Mitarbeiter aus einer Kantine kommen in eine Transfergesellschaft, wo sie 80 Prozent ihres letzten Lohnes erhalten. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es zwar keine Stellen für Kantinen-Jobs, aber eine Menge Angebote im Restaurantbereich. Die Motivation, sich hierfür zu bewerben, ist allerdings gering: »Am Wochenende und abends zu niedrigerem Gehalt arbeiten? Da bleibe ich lieber noch bis zum Schluss in der Transfergesellschaft«. Das ist für den Arbeitgeber problematisch, weil er die Transfergesellschaft weiter finanzieren muss. Und für die Betroffen, weil es zunehmend schwieriger für sie wird, sich nach längerer Pause wieder im Arbeitsmarkt einzugliedern.

Finanzielle Mittel

All die genannten Punkte sollten die Verantwortlichen immer vor dem Hintergrund der finanziellen Möglichkeiten betrachten, denn: Hier herrscht das höchste Konfliktpotenzial bei den unterschiedlichen Interessensgruppen. So kann es vorkommen, dass der Betriebsrat einfach die längst mögliche Zeit zur Neuorientierung für die Betroffenen erfechten möchte – ohne dabei auf die Effizienz der Transfermaßnahme zu achten. Dabei unterschätzt er in der Regel die anfallenden Remanenzkosten (Lohnnebenkosten und Aufstockungsbetrag) sowie zusätzliche Beratungs-, Verwaltungs- und Qualifizierungskosten.

Wir raten, genau zu prüfen, welche Kriterien zutreffen: Spricht die Mehrzahl der Kriterien für eine Transferagentur, sollten Unternehmen sich auch dafür entscheiden. Sind darüber hinaus finanzielle Mittel vorhanden, können diese für höhere Abfindungen, höhere Qualifizierungen und umfangreichere Beratung aufgewandt werden. Wer die vorhandenen Mittel zum Wohle der betroffenen Mitarbeiter einsetzt, sendet ein positives Signal an die gesamte Belegschaft: »Wir kümmern uns bis zum Schluss um unsere Leute und unterstützen sie, schnell wieder Anschluss am Arbeitsmarkt zu finden.«

Die Kombination beider Instrumente

Transferinstrumente können aber nicht nur unabhängig voneinander genutzt werden, sondern auch miteinander kombiniert werden. Das macht vor allem dann Sinn, wenn ein Unternehmen für eine Werksverlagerung oder Betriebsschließung einen längeren Planungsvorlauf hat. Ein Beispiel: Betroffen sind 100 Mitarbeiter mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten. Vom Berufsbild her stehen die Chancen gut, dass sie innerhalb dieser 6 Monate eine Neuanstellung finden. Das Unternehmen richtet zunächst eine Transferagentur für die Dauer der Kündigungsfrist ein. Die Anträge der Bundesagentur hierfür sind relativ schnell freigegeben, die Beratung kann sofort beginnen. Wer nach Ablauf dieser Zeit noch keine neue Stelle gefunden hat, wechselt in die Transfergesellschaft. Hier wird dann an die Ergebnisse aus der Transferagentur angeknüpft.

Aufgrund der umfassenden Beratung im Rahmen der Transferagentur sind die Mitarbeiter schon fit für den Arbeitsmarkt und benötigen weniger Unterstützung in der Transfergesellschaft. So spart der Arbeitgeber Kosten und die Betroffenen haben im Idealfall schon eine neue Stelle, bevor sie überhaupt in die Transfergesellschaft wechseln müssen. Denn: Die beste Transfergesellschaft ist diejenige, die nicht stattfindet.

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